Musik und Skateboarding gehen seit Dekaden Hand in Hand durch die Welt. Den Höhepunkt dieser Beziehung haben wir wohl bereits hinter uns, aufgrund der immensen Medienpräsenz (hauptsächlich MTV), welche Profi-Skater wie Ryan Sheckler, Rob Dyrdeck, Bam Margera, oder Tony Hawk hatten. Skateboarding genoss in den 2000ern die wohl bis dato größte Welle an Aufmerksamkeit und mit am Start war der (Pop) Punk Rock. Dies geschah nicht zufällig, denn die innige Beziehung zwischen dem Skaten und der Musik begann schon in den frühen 1980ern.
Die harten 80er
Nach dem Boom der Rock-Musik in den 1970ern wurde das Genre im Mainstream immer sauberer. Es war nicht untypisch eine Rockband bestehend aus drei Herren in weißen Anzügen und mit Dauerwelle gestylt zu sehen, welche über die schönen Dinge im Leben sangen.
Das ging einigen Teenagern und jungen Erwachsenen an der Westküste der USA gewaltig an den Kragen. Sie wollten etwas womit sie sich, als Außenseiter der Gesellschaft, identifizieren konnten. Viele junge Leute gründeten Bands mit bewusst provokanten Texten und simplen, aber effektiven Gitarrenriffs. Man wollte gezielt Musik machen die, im Auge des Mainstream, als schlecht empfangen wurde und ignorierte im Zuge dessen auch sämtliche Regeln der Musik-Theorie. „Während alle anderen Musiker der Zeit Make-Up getragen haben um gut auszusehen, haben wir es getragen um hässlich zu sein“, sagte Tom Araya, Frontmann von Slayer, im Bezug auf die Anfangszeit der Band in den 1980ern.
Diese rebellische Luft in der subkulturellen Musik vertrug sich gut mit der, die gerade im Skateboarding herrschte. Viele Skateparks die im Hype der 1970er gebaut wurden, schlossen aufgrund des Abflachen des Hypes, in den 1980ern. Die Skater wussten nicht wohin mit ihrer Energie, ihrem Hobby, ihrer Leidenschaft. Also brachten sie diese auf die Straße, oder kletterten über Zäune um in einem trockenen Pool zu skaten. Dies war vielen Bürgern natürlich ein Dorn im Auge und versuchten die (ohnehin schon als Außenseiter angesehenen) Gruppen an Skatern weiter zu verdrängen.
Die Skater der Zeit konnten sich mit den kritischen Texten und dem aggressiven Sounds des kommenden Punk Rock identifizieren und sie verstehen. Bands wie J.F.A, Suicidal Tendencies, oder auch Black Flag entsprangen quasi direkt aus dem Skateboarding. Jim Muir, der Bruder des Frontmanns von Suicidal Tendencies, war einer der Gründer des legendären Dogtown Skateboards Teams, welches unter anderem Tony Hawk’s erster Sponsor war. Der Sänger und Gründer von Suicidal Tendencies, Mike Muir, war aufgrund der tiefen Verwurzelung in die Skateboard-Szene, auf dem Cover des Thrasher-Magazine, in der Ausgabe vom Mai 1987.
Man kann nicht von Skateboarding und Punk Rock reden, ohne mindestens einmal Bad Religion zu erwähnen. Die im Jahre 1980 gegründete Band, machte sich schnell einen Namen und wurde der Soundtrack für viele Skater. Sie gründeten später auch ihr eigenes Label und haben bis heute die wohl größte Stimme im Skate Punk. Man kann bis heute auf kein Skateboarding Event gehen, oder ein Skateboard Videospiel spielen, ohne mit einem ihrer Songs empfangen zu werden.
Natürlich gab es auch andere Bands, die bis heute mehr oder minder im Skateboarding vertreten sind, obwohl sie eigentlich nichts mit dem Skaten zu tun haben. Darunter gehören zum Beispiel Slayer.
Die experimentellen 1990er
Sowohl das Skateboarding, als auch Rock und jedes dazugehörige Subgenre, entwickelten sich weiter. In beiden Fällen kann man die 1990er Jahre als eine sehr experimentelle Dekade bezeichnen. Während im Skateboarding Anfang der 90er sich alles um weite Kleidung, kleine Rollen und super technische Tricks drehte, versuchte die Rockmusik sich gefühlt alle paar Monate neu zu erfinden.
Während es in der Musikbranche Bands wie Pantera und ihrem sogenannten Groove Metal der internationale Durchbruch gelang, so erging es dem Skateboarding eher schlecht. Viele Skater, die wenige Jahre zuvor noch gefeierte Profis waren, mussten nun normale Jobs annehmen um überleben zu können. Tony Hawk beschrieb diese Zeit als durchaus schwierig. Sämtliche Gehälter wurden monatlich halbiert und er nahm Nebenjobs in der Videobearbeitung an. Einige seiner bekannteren Werke aus dieser Zeit, sind die Werbungen für die Videospiel-Konsole Turbografx 16.
Im Sommer 1995 wurde in Rhode Island, vom Amerikanischen Fernsehsender ESPN, versucht Skateboarding neu aufleben zu lassen. So wurden die allerersten X-Games veranstaltet. Auch wenn die erste Darstellung des heute bekannten Skateboarding-Contests einen eher faden Beigeschmack hatte, war es der Anfang von etwas Gigantischem. Die X-Games verbesserten sich jedes Jahr und konnten mit immer größer werdendem Publikum immer mehr Erfolge feiern. Ganz vorne mit dabei war Tony Hawk. Während seine Karriere durch dieses neue Format eine weitere Blütezeit erfuhr, wurde er von diversen Firmen bezüglich eines Videospiels kontaktiert.
Videospiele kamen zu dieser Zeit ebenfalls immer mehr in den Mainstream und zu dieser Zeit gab es kein Spiel, welches die Skateboarding-Kultur richtig repräsentierte. Als Tony eines Tages zu Activision eingeladen wurde und nach einem Marketingvortrag dann den Prototypen zu dem heute bekannten Tony Hawk’s Pro Skater ausprobierte, wusste er, dass in diesem Code Potential steckte. Mit dem Umstieg von Games auf das Format der immer bekannter werdenden CD’s, war es Spiele-Entwicklern möglich echte Musik in die Spiele zu integrieren. Die Songs, welche es auf die Disc von Tony Hawk’s Pro Skater schafften, waren eine sorgfältige Auswahl von Hawk selbst und den anderen spielbaren Skatern des Spiels. Dazu gehören auch Giganten wie Steve Caballero, oder Jamie Thomas. Lieder wie „Police Truck“ von den Dead Kennedys, „Cyco Vision“ von Suicidal Tendencies und auch der inoffiziellen Hymne der Spiele-Serie „Superman“ von Goldfinger, wurden dank des Erfolgs des Spiels zu internationalen Skate-Hits. John Feldmann, Gründer und Frontmann der Band Goldfinger, erinnerte sich in der Doku „Pretending to be a Superman“ an eine bestimmte Show in Italien: „Wir haben unser Set gespielt und die Zuschauer waren nur semi-begeistert von unseren Songs. Zum Abschluss unseres Sets spielten wir „Superman“ und wurden uns dann dem Ausmaß des Videospiels bewusst. Auf einmal flippten die Fans aus, waren lautstark mit dabei und sangen den Song mit uns.“ Diese Anekdote verdeutlicht wie wichtig die Tony Hawk’s Pro Skater Reihe für die Musik des Skateboarding war.
Die prominenten 2000er
Mit dem Erfolg der Videospiele (und der dazugehörigen Musik), Tony Hawk selbst und dementsprechend auch Skateboarding, sprangen popkulturelle Broadcaster wie MTV auf den Zug auf. Skateboarder wie Ryan Sheckler und Rob Dyrdek bekamen ihre eigenen Shows, Musik aus der Skateboarding- und der damit assoziierten Punk Rock-Szene rückten in den Vordergrund. Bands wie Green Day, Blink182 und The Offspring hatten ihren Durchbruch und wurden, aufgrund des ähnlichen Sounds, ebenfalls oft mit Skateboarding in Verbindung gebracht.
Pop Punk schien überall zu sein und war für viele die Einstiegsdroge in härtere Musik aus vergangenen Zeiten. Dies verhalf bereits etablierten Bands wie NOFX ebenfalls zu einer immer weiter steigenden Popularität. Leider war es aber genau das, was den Fall des Genres Hervorruf.
Die Elite und Gate-Keeping
Bands wie Green Day wurden in den 2000ern von dem eingefleischten Kern der Szene gehasst. Sie hätten sich verkauft und seien nicht (mehr) Punk. Vielen Musikern, die in den 80ern noch in irgendwelchen Hinterhöfen gespielt haben, gefiel die Richtung nicht, in welche Punk einschlug. Sie begannen mit dem Gate-Keeping. Ein Begriff welcher eine Verschlossenheit beschreibt, um eine geteilte Leidenschaft vor dem Mainstream zu bewahren. Diese Mentalität brach dem Genre zum Teil das Genick und ist bis heute der Grund, warum es Bands schwer fällt den Durchbruch zu schaffen. Sie machen Dinge lieber im Sinne ihres idealistischen Weltbildes, statt es realistisch zu betrachten. Social Media? Nein, danke. Einen riesigen Werbedeal annehmen? Nein, ich verkaufe lieber T-Shirts aus meinem Minivan. Dabei würde jede der bereits genannten Bands von einem erneuten (Pop) Punk Hype profitieren, da eine neue große Band auf dem Green Day-Kaliber dafür sorgen würde, dass sich die Teenager weitere Musik des Genres anhören und dabei bleiben.
Zukunft? Vielleicht.
Das Genre des Skate Punk ist noch nicht ganz tot, liegt aber definitiv im Krankenbett. Es gab nach dem Abflachen der Skateboarding-Musik-Welle immer wieder Mal Anspielungen auf die Zeit. Im Musikvideo von zum Beispiel „Gold Cobra“ von Limp Bizkit aus dem Jahre 2011, skatet Mike Vallely in einem Ditch in Kalifornien.
Diverse Rapper fangen vermehrt an, mit Punk-Elementen zu experimentieren und implementieren aufgrund dessen auch Skateboarding in ihre Musikvideos. Dank der immensen Popularität von manchen dieser Künstler, können wir als Fans der Musik nur hoffen, dass irgendwann der Funke wieder überspringt und eine neue Welle an Pop Punk beziehungsweise Skate Punk auslöst.